Wie Sie Kunden zu Botschaftern machen (Teil 1)

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Unternehmen stellen oft fest, dass auch zufriedene Kunden zu anderen Anbietern abwandern.  Für die echte Kundenbindung ist mehr erforderlich als die Erfüllung der Kundenerwartungen.  Service-Leader handeln nach dem Ansatz der systematischen Kundenbegeisterung.

Ein Beitrag von Helen Töngi

Meine Coiffeuse hat schnell gemerkt, dass ich meinen Kurzhaarschnitt zügig haben will und dabei keinen Smalltalk betreiben mag. Sie legt zudem bereits seit dem dritten Besuch nur noch GEO, National Geographic und den SPIEGEL auf das Lesetischchen. Ebenfalls hat sie registriert, dass ich nie einen Kaffee will, gelegentlich aber ein Glas Wasser. Das Beste: Auch ihre Mitarbeiterinnen führen diese individuelle Betreuung bei Abwesenheit ihrer Chefin nahtlos weiter.
Es hat mich einige Zeit und einige Coiffeurwechsel gekostet, bis ich dieses für mich passende Geschäft gefunden habe. Das junge Inhaberteam hat mich noch mehr begeistert, als ich beim letzten Besuch bemerkte, dass eine andere Kundin ihre Freundin als Begleitung mitgebracht hat und die beiden Damen mit ihrer Coiffeuse ein munteres, ausgedehntes Kaffeekränzchen abgehalten haben.
Völlig klar, dass wir beide treue Kundinnen bleiben, so unterschiedlich unsere Erwartungen doch sind. Und: Beide individuellen Kundenbehandlungen kosten das Coiffeurgeschäft keinen Franken zusätzlich.

 

Kunden-Zufriedenheit reicht nicht

Kundenzufriedenheit resultiert gemäss traditionellem Ansatz des Gap-Modells[1], wenn die Erwartungen des Kunden vom Anbieter erfüllt oder übererfüllt werden. Diese Erwartungen sind vielschichtig – das viel zitierte, von Noriaki Kano entwickelte Modell der Kundenbeziehung (Abbildung 1) unterscheidet die Kundenanforderungen in drei Bereiche:

  • Basis-Merkmale
  • Leistungsmerkmale
  • Begeisterungsmerkmale

Mehr über die 3 Merkmale

  • Die Basis-Merkmale sind für den Kunden so grundlegend und selbstverständlich, dass erst ihre Nichterfüllung einen – negativen – Ausschlag gibt. Da diese Basis-Faktoren meist nur unbewusst vorhanden sind, werden sie von traditionellen merkmalsorientierten Kundenbefragungen häufig gar nicht erfasst. Im Bereich dieser impliziten, unausgesprochenen Grundanforderungen kann man als Anbieter hinsichtlich Kundentreue nur verlieren, nicht gewinnen. Basismerkmal beim Coiffeur ist zum Beispiel die Grundinfrastruktur für das Waschen und Schneiden der Haare.
  • Leistungsmerkmale sind bewusste Bedürfnisse des Kunden, die er explizit ausspricht. Diese klar ausgedrückten Leistungsanforderungen, auch Soll-Faktoren genannt, können vom Anbieter relativ gut erfragt und erkannt werden. Je besser sie erfüllt werden, desto zufriedener ist der Kunde. Die gute Erfüllung der Leistungsmerkmale garantiert indessen noch keine Kundentreue, wie die Praxis zeigt. Beim Coiffeur gehören beispielsweise die stilistische Vielfalt, die Kenntnisse unterschiedlicher Haartypen oder die Termin-Zuverlässigkeit zu den Leistungsmerkmalen.
  • Begeisterungsmerkmale sind aussergewöhnliche, unausgesprochene Faktoren, die der Kunde oft nicht erwartet. Diese unverhofft erfüllten Plus-Faktoren schaffen echte Konkurrenzvorteile, sie begeistern die Kunden und führen zu Treue. Bereits kleine Leistungen im Bereich der Plus-Faktoren können sehr grosse Wirkung entfalten. Begeisterungsmerkmale im Coiffeurbeispiel : GEO und Ruhe für die eine Kundin, Kaffee und Klatsch für die andere.[/learn_more]

 

Noriaki Kanos Modell

Abbildung  1: Noriaki Kanos Modell der Kundenbeziehung (1978) [2]

 

Viele Unternehmen konzentrieren sich immer noch auf die Evaluierung und Erfüllung der Leistungsmerkmale. Sie messen regelmässig mittels traditioneller Kundenbefragungen die Zufriedenheit ihrer Kunden, meist mit guten bis sehr guten Resultaten.
Die Quote an zufriedenen Kunden liegt jedoch in der Regel weit über dem Prozentsatz an Kunden, die dem Unternehmen treu sind und es aktiv empfehlen. Genau umgekehrt steht es mit dem Einfluss auf die geschäftliche Entwicklung des Unternehmens:  Die treuen, begeisterten, weiterempfehlenden  „Fans“ verkörpern ein viel grösseres Geschäftspotenzial als die bloss zufriedenen Kunden, sie sind eigentliche Wachstumstreiber.

weiter zu Teil 2 des Beitrages: Kundenbindung ist das bessere Ziel

Quellen:

[1] Gap-Modell von Parasuraman/Zeithaml/Berry. In Meffert, H.,Bruhn, M. (2009). Dienstleistungsmarketing. Wiesbaden: Gabler

[2] Hilber, J. (2007). So macht man gute Kundenzufriedenheitsbefragungen. Unveröff. Skript, Hochschule Luzern Wirtschaft[/learn_more]